18. Januar 2025. Herausgerissenes Zettelchen auf dem Jana ihre Email-Adresse hinterlassen hat.
Nach den gestrigen Videos von Christen und Muslimen habe ich erfahren, dass Sex vor der Ehe eine Sünde ist. Auch im Judentum ist das der Fall. In allen Weltreligionen ist Sex vor der Ehe also eine Sünde. Da muss wohl etwas dran sein. Und moralische Gründe funktionieren bei mir am besten, um neue Gewohnheiten zu bilden. Es hat erstaunlich gut beim Übergang vom Vegetarismus zum Veganismus funktioniert. Aber auch ohne moralischen Grund weiß ich aus Erfahrung, dass Selbstbefriedigung und oberflächlicher Sex mir, langfristig gesehen, nicht gut tun. Will ich für diese kurzfristige Ekstase des Höhepunkts meine Grundstimmung verschlechtern?
Da ich noch Angst habe, den Schritt "Kein Sex vor der Ehe" zu gehen und nicht versprechen möchte, was ich nicht halten kann, mache ich zuerst einen kleineren Schritt: Ich werde keinen Sex außerhalb einer Beziehung haben.
Ich warte auf den Bus.
Ich sehe auf dem Gras die Überbleibsel der Silvesternacht: Alkoholflaschen, benutzte Böller und Raketen. Obwohl das Dorf aufgeräumt wurde, liegt noch einiges an Müll verstreut da. Sehr schade, dass die Menschen es nicht schaffen ihren Müll mitzunehmen. Ich bin dafür, dass es mit dem Böller- und Raketenverkauf aufhört. Reicht denn nicht ein Feuerwerk, das von der Gemeinde bzw. der Stadt veranstaltet wird? Eine Bitte an, wenn ihr Müll außerhalb eines Mülleimers seht, dann seid euch nicht zu schade, sammelt den Müll ein. Wenn jeder diese kleine Gewohnheit etabliert, wird unsere Natur, unsere Dörfer und unsere Städte sauberer. Lasst euch dabei beobachten, aber nicht wegen der Anerkennung, sondern um ein Vorbild für die Beobachtende zu sein.
Eigentlich sollte der Bus vor 5 Minuten gekommen sein. Ich blicke auf den Fahrplan. Oh. Am Samstag fährt er nicht um diese Uhrzeit. Ich muss eine Stunde auf den nächsten Bus warten.
Ich blicke auf den vernebelten Turm der Kirche. Ich gehe hin. Ich war schon lange nicht mehr in der Kirche.
Ich setze mich ganz vorn am Kreuz von Jesus.
Niemand ist da. Eine unglaubliche Stille. Es ist so still, dass ich meinen Atem hören kann. Ich verbringe diese Stunde mit Gott und flüstere ihm zu.
Ich bin so froh, dass ich das Hausverbot im Espresso House bekommen habe. Denn ich bin jetzt regelmäßiger in der Stadtbibliothek, in einem Paradies des Wissens. Nach einem Hafercappuccino in der Paxino Manufaktur habe ich mich in der Bibliothek in der Naturwissenschaften-Abteilung hingesetzt und das Buch von Heike Vesper "Wenn wir die Meere retten, retten wir die Welt" in die Hand genommen, um mehr über den Zustand der Meere zu lernen, aber auch zu erfahren, was ich selbst tun kann, um die Meere zu schützen.
Ich blättere durch das Buch und mir schmerzt es zu sehen, wie viel Plastikmüll an die Strände herangespült wird, wie die Tiere sich in Plastik verfangen und sterben, wie die Korallen von Plastiktüten bedeckt werden und absterben, die Plastik in den Körpern der Fische, Schildkröten und Vögel sich ansammelt und wie die Meere wegen der Überfischung freier von Lebewesen werden. Ein Pottwall, der 115 Becher, 25 Tüten, zwei Flipflops und mehr als 1000 weitere Plastikteile in seinem Magen hat. Ich bekomme einen Kloß im Hals, wenn ich die Bilder sehe. Aber ich will jetzt nicht in der Bibliothek weinen...
Pro Stunde werden in Deutschland 320 000 Coffee-To-Go-Becher benutzt und sofort weggeschmissen. Wie irrsinnig ist das denn? Ab in die Mülltonne damit. Aus den Augen, aus dem Sinne.
Mir ist beim Lesen bewusst geworden, dass den größten Teil an Mikroplastik, der in der Natur landet, durch Auto- und Fahrradreifen, die künstlichen Fasern in der Kleidung, Teppichen und Schuhsohlen erzeugt wird. Ja, Schuhsohlen! Damit habe ich einen weiteren Grund gefunden, barfuß zu laufen.
Jede Minute werden 119 Haie gefangen. Ihre Flossen gelten als Delikatesse. Dem Hai wird die Flosse bei lebendigem Leib abgeschnitten, anschließend wird er ins Meer zurück geschmissen. Er sinkt ohne seine Fortbewegungsmittel auf den Meeresgrund und stirbt allmählich dort. Ich bin so froh, dass ich endlich geschafft habe, vegan zu leben.
Es ist gut, dass ich mir solche Bilder anschaue, denn sie erinnern mich wieder daran, mein Verhalten stets zu überdenken und mich in der Nachhaltigkeit immer weiter zu verbessern. Ich wäre heuchlerisch von mir mich über die Umweltkatastrophe zu beklagen, aber selbst dafür zum Teil verantwortlich zu sein...
Eine gute Maßnahme, schreibt die Autorin, die jeder einzelne von uns aktiv tun kann (neben der Plastikvermeidung), sind die Aufräumaktionen (an Stränden, Flüssen). Ich wurde dazu inspiriert und habe an die Hildesheimer Stadtverwaltung geschrieben, ob sie mir Behälter, Zange und Handschuhe ausleihen können, damit ich in den Stadtparks den Müll sammeln kann. Ich habe das schonmal mit einer Gruppe gemacht. Es ist eine sehr befriedigende Tätigkeit.
Ich fühle mich so ausgeglichen. Ich glaube das liegt daran, dass ich nicht mehr unbewusst den Drang verspüre, eine Partnerin zu finden. Seit gestern vertraue ich darauf, dass wir uns finden werden. Dieses Loslassen fällt mir wie ein Stein vom Herzen. Endlich sehe ich das Singlesein nicht als Krankheit oder Mangelzustand an. Ich kann mich mehr auf andere Themen konzentrieren und nicht ständig mich umherschauen "müssen", ob meine Liebe des Lebens in der Nähe herumlungert.
Auf dem Weg zum Bus durch die Innenstadt habe ich hin und her schweifend Müll gesammelt und im benachbarten Mülleimer entsorgt. Stellt euch vor, jeder der durch die Innenstadt läuft, würde ein einziges Müllstück aufsammeln? Dann wäre die Innenstadt stets sauber und man bräuchte keine Stadtreinigung.
Den beiden dunkelhäutigen Männern vor mir fielen Geldmünzen auf den Boden. Ich sammelte eine Geldmünze ein und gab dem Mann zurück.
"Danke, Bruder", erwiderte er.
Jetzt hat er unbewusst mitbekommen, dass Menschen doch gut und hilfsbereit sind. Wenn jetzt unmittelbar danach jemand anders Hilfe braucht, so wird er helfen. Und einige Passanten, die hinter mir waren, haben ebenfalls die gute Tat mitbekommen. Auch sie werden mit Hilfsbereitschaft angesteckt.
Warum erzähle ich das? Ich erzähle das nicht, um anzugeben, was für ein guter Mensch ich bin, sondern um zu verdeutlichen, dass jede gute Tag, egal, wie klein sie einem erscheint, in der Lage eine Kettenreaktion guter Taten auszulösen und die Welt zu verändern. Hab keine Angst den ersten Schritt zu machen! Nur eine einzige Taube muss von den Dächern losfliegen, damit ihr der ganze Schwarm hinterher folgt (habe ich letztens beim Warten auf den Bus beobachtet). Gute Taten nicht verstecken, sondern damit anstecken!